Prozess statt Spiel
Ronny Koch, 24.04.2022
Warum sich Fußball-Verbandsligist FSV Ohratal vom Thüringer Verband veralbert fühlt
Sportlich hat der FSV Ohratal am Samstag mit dem Gastspiel beim Tabellenführer FC Thüringen Weida (15 Uhr) ein Schwergewicht vor der Brust und befindet sich auch aufgrund der Tatsache, dass Marty Jung und Philipp Kiebert wohl fehlen werden, in der Außenseiterrolle.
Die größten Duelle scheint sich der Verein aber in dieser Saison mit dem Thüringer Fußball-Verband (TFV) zu liefern. Hier droht den Ohrdrufern nach der Posse um die nicht erteilte Spielberechtigung für Winterzugang Piotr Hernacki (unsere Zeitung berichtete) eine weitere derbe Niederlage.
Denn das Sportgericht des TFV wertete die am 6. März abgesetzte Partie zwischen dem Verein und dem BSV Eintracht Sondershausen, für die laut Aussagen der Ohrataler eigentlich schon ein Nachholtermin gefunden wurde, nun nach einer Anhörung mit 2:0 für Sondershausen. Eine bittere Schlappe für die Ohrdrufer in einer juristischen Auseinandersetzung, in der das letzte Wort noch nicht gesprochen scheint und in der gefühlt alle eine unglückliche Figur abgeben. Geschäftsführer Ronny Koch nahm das Urteil jedenfalls noch nicht an.
Was war passiert? Am 6. März hätten die Ohrdrufer auf heimischen Kunstrasen gegen Sondershausen gespielt, hatten aber mehrere Coronafälle samt Verdachtsfällen und baten deshalb um Absetzung der Partie, die nach Absprache mit Sondershausen und Robert Böttcher, dem Staffelleiter der höchsten Spielklasse, vorgenommen wurde. Drei Tage später legte Eintracht jedoch Beschwerde gegen die Absetzung ein, wie BSV-Präsident Matthias Springer betont. Später fanden die Ohrdrufer in ihrem elektronischen Postfach eine weitere Mail Böttchers vor, der ein Gerichtsverfahren wegen Nichtantritts in die Wege leitete. Vorwurf: Trotz der vielen Ausfälle hätte Ohratal eine Mannschaft stellen können. Diese hätte zur Not mit Spielern der Zweiten oder Dritten aufgefüllt werden müssen.
Für sechs Spieler lagen korrekte Nachweise der Erkrankungen vor, bei weiteren sechs Spielern seien diese nicht erbracht worden. Wie Bernd Kruse, der Vorsitzende des Sportgerichts, in der Urteilsbegründung zusammenfasste, hätten die Ohrataler „nicht alles nach der Spielordnung des TFV Zumutbare und Mögliche unternommen, um die Durchführung des Spiels zu gewährleisten.“ Zur Not, so argumentierte das Gericht weiter, hätte das zeitgleich ausgetragene Spiel der Zweiten abgesagt werden müssen. Auch hätte es eine Zustimmung der Sondershäuser zur Verlegung nicht gegeben. Daher scheint deren Einspruch plausibel.
„Ich finde das ganz schwach von Sondershausen, sich zu Siegen zu klagen. Hier geht es immer noch um das Sportliche. Wenn wir elf Mann aus dem Kader der Ersten zusammenbekommen hätten, hätte ich gerne gespielt, denn wir waren damals gut drauf“, ist Ohratal-Trainer Thomas Giehl immer noch wütend. Geschäftsführer Koch, der seinen Club am Dienstag bei der Anhörung vertrat, bei dem die Eintracht kein Prozessbeteiligter war, schwebt ebenfalls zwischen Ärger und Enttäuschung. „Erst zeigt Sondershausen Verständnis für unsere Situation, dann legen sie Beschwerde ein und klagen gegen die Absetzung. Aus ihrer Sicht ging es wohl um die Schaffung eines Präzedenzfalls“, sagt er und ergänzt: „Dass der Staffelleiter das Spiel erst absetzt und dann ein Verfahren gegen uns anstrengt, spricht auch Bände.“
Am Montag will der Vorstand des FSV nun beraten, ob man Einspruch gegen das Urteil einlegt oder nicht. Bisher müssen die Ohrdrufer die Prozesskosten für den Dienstagabend bezahlen. „Wir haben eine finanzielle, aber auch moralische Verantwortung für den Verein. Das müssen wir ganz genau abwägen“, sagt Koch. Springer verweist darauf, dass sein Verein alles richtig gemacht habe. „Wir fühlen uns mit dem Urteil bestätigt. Allerdings ist es nicht rechtskräftig, weil Ohratal nach wie vor anderer Meinung ist. Entweder nimmt Ohratal das Urteil in der Frist noch an, oder es geht leider weiter und alles bleibt noch offen, was in Anbetracht der voranschreitenden Saison Schwierigkeiten mit sich bringt.“
Quelle:TA